Pilger läuft auf Camino Portugues über alte Brücke

Natur satt – Redondela-Pontevedra

Die Nacht verlief einigermaßen ruhig, zumindest hatte ich keine Hustenanfälle, aber ein langes Durchschlafen war es auch nicht.
 
Einen Vorteil hat es – ich bin relativ früh wach und als erster im Bad. Das macht sich bezahlt, denn kurz darauf versuchen die Mitbewohner ebenfalls, in das einzige Bad zu gelangen.
 
Während Raik so langsam wach wird, ordne ich meine Gedanken und Sachen. Das ist das Schöne, ich kann in aller Ruhe in den Tag starten. Irgendwie muss diese bescheidene Situation ja auch Vorteile haben.
 
Mit dem Zimmer hatten wir echt Glück – nicht auszudenken, in einem Raum für 4 Personen ohne Sauerstoff zu schlafen!
 
Nach einem spärlichen Frühstück machen wir uns wieder auf den Weg. Bevor wir richtig loslaufen, suche ich noch eine Apotheke – die Taschentücher sind alle. Nach dem Einkauf bin ich mir sicher – das waren die teuersten Taschentücher meines Lebens!
 
Der PIlgerweg liegt genau vor der Haustür. Nach der Massenwanderung gestern sind wir verwundert über die spärliche Anzahl der Pilger, denen wir begegnen. Entweder sind alle schon los, gehen erst später oder es lag schlichtweg am Pfingstwochenende.
 
Das Wetter ist ähnlich wie in den letzten Tagen, grau und bewölkt, aber angenehm von den Temperaturen.
 
Die Wälder um uns herum erinnern an einen Urwald, das ist echt wohltuend für die Augen. Es folgt mal wieder ein beschwerlicher Aufstieg, unterbrochen von Blicken auf die Buchten.
 
Gegen Mittag machen wir in Ponte Sampaio am Wasser eine Obst- und Erholungspause. Das kleine Örtchen Sampaio gefällt mir sehr, ich mag diese alten Städtchen. Eine mittelalterliche Brücke führt uns über den Fluss und auf der anderen Seite durch alte Häuser und Kornspeicher.
 
Wir kämpfen uns weiter, bis wir auf ein Café mit Pilgern treffen. Das Highlight – neben leckeren Sandwichbrötchen -sind zwei zuckersüße Hunde, die wirklich jeden Pilger um Essen anbetteln. Ich muss unwillkürlich an meinen kleinen Hund zu Hause denken, von dem ich nun schon eine Woche getrennt bin.

Unterwegs treffen wir auf die beiden Pilgerpärchen vom Restaurant in O Porrino. Es sind Rumänen. Der eine Mann ist den Camino bereits gegangen und hat offensichtlich die anderen damit angesteckt. Die Frau spricht neben Englisch und Spanisch auch ein wenig Deutsch und erinnert sich an ein deutsches Kinderlied. Das finde ich faszinierend – neben den vielen Sprachen auch noch Lieder in einer fremden Sprache singen zu können. 
 
Zu Beginn des Tages waren die Temperaturen angenehm, aber die Luftfeuchtigkeit ist mittlerweile recht hoch und die Luft recht warm, sodass wir schnell ins Schwitzen kommen.
 
Der weitere Weg führt durch grüne Wälder und entlang von kleinen Flüssen. Dadurch merken wir die typischen Qualen der letzten Kilometer diesmal gar nicht so stark.
 
Trotzdem erscheinen uns die letzten einhundert Kilometer deutlich kommerzieller. Sichtbar wird es durch kleine, mobile Läden am Wegesrand, die neben Speisen auch Waren aller Art anbieten, selbst Schmuck.
 
Am Ortseingang von Pontevedra treffen wir die junge Frau vom Vorabend wieder, die keine Übernachtung mehr fand. Die Herberge von Rosa mag schon etwas heruntergekommen sein und das Preis-Leistungs-Verhältnis daher nicht ganz stimmig, aber der Service macht alles wett. Rosa hatte die junge Frau dann noch mit dem Auto zu einer Unterkunft außerhalb der Stadt gefahren – das ist echte Nächstenliebe!
 
Allerdings zieht sich nun der Weg durch den Ort doch recht langsam. Unsere private Unterkunft für heute liegt am anderen Ende. Immer müssen wir dann nicht morgen durch die ganze Stadt laufen.
 
Nach einer kurzen Ruhephase im Zimmer machen wir uns auf den Weg zum Sightseeing. Unser Weg führt uns ins historische Stadtzentrum. Der Legenda nach wurde Pontevedra von Teukros, einem griechischen Helden des Trojanischen Kriese um 1200 v. Chr. gegründet. Gesichert ist das nicht, wohl aber der Aufenthalt der Römer hier. Diese nannten den Ort Ad Duos Pontes (zu den zwei Brücken), woraus sich Pontevedra entwickelte.
 
Wir spazieren durch eine riesige Fußgängerzone, denn 1999 verbannte die Stadt Kraftfahrzeuge aus dem historischen Zentrum und schuf so eine 300.000 Quadratmeter große Fußgängerzone.
 
Eine Überraschung erleben wir in der Kirche Igrexe da Virge Peregrina. Es ist Gottesdienst, wir hören eine krächzende Frauenstimme, sehen aber niemanden, der den Gottesdienst abhält. Offensichtlich wird dieser Gottesdienst remote abgehalten.
 
Es beginnt zu regnen und so langsam regt sich Hunger. Wir suchen ein paar Restaurants, die uns Tripadvisor empfohlen hat. Aber entweder sind sie (noch) zu, voll oder wir finden sie gar nicht erst.
 
Also setzen wir uns ins erstbeste Lokal, was wir erblicken und lassen dort bei Essen und Rotwein den Abend ausklingen.

Camino Portugues Karte Redondela nach Pontevedra

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