Nachdem klar war, dass wir diese Erfahrung machen wollen und glücklicherweise auch beide Zeit hatten, ging es nun in die Planung des Jakobsweges – welchen Weg wollen wir nehmen, was brauchen wir für die Reise, was wollen wir unbedingt erleben/erreichen? Für Menschen mit ganz viel Zeit ist der Jakobsweg von Frankreich nach Santiago sicherlich das Maß aller Dinge. Diesen hat ja auch der allseits beliebte Hape Kerkeling gewählt und später seinen Bestseller dazu geschrieben.

Diese Zeit hatten wir jedoch nicht und suchten daher nach Alternativen. Da wurden wir beim Caminho Portugues, dem portugiesischen Jakobsweg fündig. Nach dem französischen Weg ist er der zweitbeliebteste und steht offensichtlich in der Gunst der Deutschen recht weit oben, doch dazu später mehr. Der Caminho Portugues hat zwei unschlagbare Vorteile – mit ca. 2 Wochen Dauer ist er ideal für Menschen, die sich eine Auszeit nehmen wollen, aber nicht mehr als 2 Wochen erübrigen können und mit 250 km bietet er eine gute Länge für Einsteiger.

Die weitere Internetrecherche ergab, dass es nicht nur den einen portugiesischen Jakobsweg gibt, sondern derer zwei bzw. sogar eine Kombination daraus. Das überforderte uns ein wenig – ein Profi musste ran. Wir fanden diesen in Raimund Joos und seinem Outdoor Wanderführer „Caminho Portugues“.

Damit hatten wir wunderbare Anhaltspunkte und Insiderinformationen und wählten aufgrund dieser unsere Route – eine Mischung aus Küstenweg und Caminho Central, dem Weg durch den ländlichen Bereich von Nordportugal. Warum? Wir dachten uns, dass ein Tag am Meer sehr reizvoll ist (zumal der Weg aus Porto heraus nicht sonderlich schön ist), aber auf Dauer eintönig werden kann.

Als Nächstes stellte sich uns die Frage Unterkünfte vorbuchen oder nicht? Beides hat Vor- und Nachteile. Da wir beide nicht so die Typen sind, die sich blind in Abenteuer stürzen, dachten wir uns wir buchen schon mal die Unterkunft für den Start und für das Ende. Da ich zwischenzeitlich durch die Reiseführer-Lektüre auf zwei sehr schöne Unterkünfte aufmerksam wurde, die auch nicht riesig waren, buchten wir diese auch noch und waren damit quasi Gefangene unserer Planung aus Deutschland heraus. Portale wie booking.com bieten zwar heutzutage entsprechende Stornierungsmöglichkeiten, aber das trifft nicht auf kleine Hotels oder Herbergen zu.

Bei der Planung der Etappen orientierten wir uns am Buch von Raimund Joos und der eigenen Einschätzung unserer eigenen Fähigkeiten. Wir wollten minimal 15 km und maximal 30 km am Tag wandern, die gesamte Strecke in 14 Tagen absolvieren und noch genügend Zeit für Santiago de Compostela, Porto und einen Abstecher zum Kap Finisterre haben. Zudem wollten wir uns ausreichend Zeit für die Besichtigung der jeweiligen Etappenorte nehmen und nicht einfach nur Kilometer schrubben. Daraus resultierten dann 11 reine Wanderetappen.

Blieb noch die Planung der Transportmittel. Da ich zum Zeitpunkt der Planung ohne Arbeit war, war klar, dass wir mit einem überschaubaren Budget auskommen wollen. Damit entschieden wir uns gegen einen unterschiedlichen Ankunfts- und Abflugsort und für Porto als Start- und Zielpunkt, was sich als Segen herausstellen sollte. Nach einer groben Recherche fiel die Wahl auf Berlin als Somit kam ich in erstmals in den Genuß, einen Flug über Ryanair zu buchen. Abgesehen vom Tarifdickicht der Airline, war es für mich eine angenehme User Experience, obgleich diese nicht entscheidend für das Gesamterlebnis ist und da ist der Flug nun mal das Entscheidende. Im Netz las ich von Ryanairflügen, die kurzfristig abgesagt oder verschoben wurden, was mich leicht nervös machte. Aber wer nicht wagt, der nicht gewinnt.

Raik bekam von einem ehemaligen Kollegen den Tipp, die Pilgerreise unbedingt bis zum Kap Finisterrefortzusetzen, um einen würdigen (rituellen) Abschluß der Pilgerreise zu haben, da der Pilgerrummel in Santiago de Compostela nicht erst in der Neuzeit das nicht wirklich zulässt. Aufgrund des begrenzten Zeitbudgets konnten wir das leider nicht zu Fuß tun, somit entschieden wir uns dafür, einen Mietwagen anzumieten. Damit blieb nur noch eine Entscheidung, wie wir von Santiago zurück nach Porto kommen. Der Mietwagen schied aufgrund von Einwegmiete und länderübergreifenden Fahrt ziemlich schnell aus, eine Zugfahrt macht wenig bis keinen Sinn, da es keine Direktverbindungen gibt. Somit kam es nicht nur zur Premiere mit Ryanair, sondern auch zu unserer ersten Fahrt mit einem Fernbus, in dem Fall mit Flixbus. Meine Skepsis zu beiden Unternehmen sollte sich als unbegründet herausstellen und auch das ist ein Learning der Reise, Vorurteile abzulegen.

Der letzte Baustein unserer Vorbereitung war eine Probewanderung. Raik und ich halten uns für gut konditionierte Menschen, sind aber beide noch nie solche Strecken zu Fuß gegangen und schon gar nicht mit einem vollen Rucksack auf dem Rücken. Nach der Erfahrung der Probewanderung kann ich das nur jedem angehenden Pilger ohne Vorerfahrung anraten. 

Unser Test führte uns von Jena nach Weimar – eine Strecke von rund 23 km, die ich schon mehrfach mit dem Rad gefahren bin. Es gibt bessere Wanderwege, aber die Streckenlänge und das -profil entsprachen ganz gut den Etappen, die uns auf dem Caminho Portugues erwarteten. Auch die Temperaturen von 25 Grad im Schatten sollten uns ein besseres Gefühl für die zu erwartenden Strapazen bei höheren Temperaturen geben und der Test war Gold wert.

Während die ersten 15 Kilometer locker und flockig liefen, merkten wir dann doch die zunehmenden Temperaturen, das Gewicht auf dem Rücken und in meinem Fall anschwellende Füße und Hände. Die letzten Kilometer zogen sich wie Gummi und ziemlich platt kamen wir in der Innenstadt von Weimar an und sanken auf die Stühle des Restaurants „Zum Weißen Schwan“ und genossen ein erfrischendes Weißbier. Drei Dinge waren am Ende des Tests für mich klar – es braucht eine durchdachte Planung der Packstücke, da der Rucksack eindeutig zu schwer war, andere/neue Schuhe, da meine Trekking-Schuhe einfach zu eng waren, was mir bei leichten Wanderungen nie aufgefallen war und einen Ersatz für meinen fast 20 Jahre alten Wanderrucksack aus Studienzeiten. Mehr dazu erfahrt ihr im Artikel zu meiner Packliste für Anfänger.