Kleiner Katzensprung – Vitorino-Ponte de Lima
Zum Glück steht heute mit 16 Kilometern nur eine kurze Tour an, daher lassen wir uns Zeit. Wir genießen zu den Morgen und schreiben an unseren Tagebüchern. Wir gehören zu den letzten Pilgern und genießen entspannt das Frühstück. Nach dem Durchhänger gestern Abend habe ich Gelegenheit, das weitläufige Gelände der Herberge näher zu inspizieren. Ein wunderbarer Blick auf alte Olivenbäume und Weinreben.
Im Speiseraum entdecke ich eine Karte mit der Herkunft der Pilger, die hier übernachtet haben. Wenig überraschend ist Europa ganz vorne dabei – ich habe Mühe noch einen Pin von uns anzustecken. Auch Amerika überrascht mich nicht, doch aber dass doch viele Pilger aus Südafrika oder Australien kommen und die weite Strecke für den Jakobsweg auf sich nehmen, wie unsere Mitpilgerinnen Esther und Tash. Beide kennen sich aus der Schulzeit und haben schon einige Urlaube miteinander verbracht. Mit Ende 20 dachten sich die beiden, es wäre eine gute Zeit den Jakobsweg zu gehen.
Die Katze vom Vorabend taucht wieder auf. Am gestrigen Abend war sie einfach auf den Tisch gesprungen und hatte sich einen Hühnchenknochen von meinem Teller geschnappt. Scheinbar ist sie gestern nicht satt geworden, sie schnurrt um meine Beine und maunzt vor sich hin. Also füttere ich sie mit übriggebliebenen Spaghetti.
Nach dem Frühstücken und Packen laufen wir langsam los, genießen den angenehmen Morgen und unsere Umgebung. Unser Blick gleitet über Olivenhaine und Felder über schöne Täler und die umgebenden Berge. Man merkt den großen Unterschied zum trockeneren Süden. Schöne Pflanzen säumen den Wegesrand.
Dank der Tabletten geht es mir halbwegs gut, ich fühle mich zumindest trotz fehlenden Schlafes nicht erschöpft.
Der Weg vergeht mit Gesprächen wie im Fluge und alsbald erreichen wir Ponte de Lima. Entlang des Flusses betreten wir das Örtchen über eine anmutige Allee von Platanen.
Wie auch bereits Barcelos ist Ponte de Lima ein schöner kleiner Ort mit Geschichte. Als großer Fan von Storytelling kann ich damit immer mehr verknüpfen als eine Aufzählung historischer Ereignisse. Hier ist die von Ponte de Lima:
Der Fluss Lima war unter den Römern als „Lethe“ – der Fluss des Vergessens bekannt. Nach der Legende weigerten sich die im Jahre 137 v. Chr. vorrückenden Truppen des römischen Prokonsuls Decimus, den Fluss zu überqueren. Daraufhin ging dieser allein voran und rief am anderen Ufer angekommen die Namen seiner Männer einzeln auf. Der Aberglaube war damit widerlegt und die Mannschaft überquerte, überzeugt von der offensichtlich unbeschadeten geistigen Leistungsfähigkeit ihres Kommandanten, den Fluss. Am östlichen Flussufer findet sich heute ein Denkmal zur Erinnerung an die störrischen Legionäre.
Es ist früher Nachmittag, also beschließen wir, uns ein wenig zu stärken. Wir schauen uns ein wenig um, da höre ich meinen Namen. Ich drehe mich um und wir entdecken Esther und Tash. Da es auch Esther nicht so gut geht, haben die beiden beschlossen, ebenfalls nur bis Ponte de Lima zu pilgern. Esther hat nach eigenem Bekunden erstmal die halbe Apotheke leer gekauft. Bis auf Halskratzen und Erschöpfung geht es mir eigentlich ganz gut und somit hoffe ich weiter auf eine schnelle Genesung.
Um diese zu beschleunigen, bestelle ich eine Bowl mit gesunden Sachen und eine Vitaminbombe als Getränk.
Gegen 15 Uhr können wir auch unser Nachtlager beziehen – aufgrund meiner fortschreitenden Erkältung versuchen wir es gar nicht erst mit öffentlichen Herbergen, sondern genehmigen uns ein Zimmer im schön zentral gelegenen Guesthouse von Ponte de Lima.
Nach Bezug des schönen Zimmers entschließe ich mich erstmal zu einer Ruhephase. Beim Einschlafen gehe ich die Optionen für den morgigen Tag durch. Die Etappe nach Pacos hat es in sich. Neben den knapp 30 km ist es zusätzlich die Strecke mit dem größten Höhenunterschied. Nach dem Aufwachen entschließe ich mich daher, mir nichts beweisen zu müssen und organisiere daher einen Gepäcktransport nach Pacos.
Den frühen Abend verbringen mit einem Bummel durch den Ort, der uns zunächst in die Kirche führt, in der gerade der Abendgottesdienst stattfindet. Ich habe kein Gefühl, wir gut diese in Deutschland besucht sind, bin aber fasziniert, wie stark es in den Alltag der Portugiesen eingebunden ist. Jung und Alt trifft sich hier, eine Frau kommt scheinbar direkt von der Arbeit ein wenig verspätet zum Gebet.
Unser Weg führt uns weiter über die mittelalterliche Brücke aus dem 14. Jahrhundert zur Kirche Santo Antonio da Torre Velha. Der Gottesdienst ist dort so gut besucht, dass Menschen draußen stehen, um ihm zu lauschen.
Wir machen ein paar Fotos und gehen langsam zurück zum Ortskern. Den lauen Abend beenden wir bei leckerem Essen und Wein und guten Gesprächen. Leider nimmt mein Husten zu, ein übler Reizhusten, der mich auch die gesamte Nacht plagen wird.
Schreibe einen Kommentar